Karl Gröner wird 100 Jahre alt | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Karl Gröner ist der erste männliche Jubilar, der dieses stolze Alter bei guter körperlicher und geistiger Fitness erreicht. Nachfolgend die Ansprache zur Baumpflanzaktion.

Karl Gröner wird 100 Jahre alt

Wenn wir heute diesen 100. Geburtstag mit der traditionellen Pflanzung eines Baumes feiern, dann lohnt sich auch ein Blick zurück in eine Zeit, die mit unserer kaum noch vergleichbar ist.

Es ist der 28. Dezember 1925. Deutschland ist die junge Weimarer Republik, die Menschen haben gerade die Inflation hinter sich gelassen und hoffen auf ruhigere Jahre. Paul von Hindenburg ist frisch zum Reichspräsidenten gewählt, Autos fahren bereits über die neue AVUS, die erste deutsche Autobahn – aber hier auf dem Land sind Pferd und Wagen oder gar nur Kuhfuhrwerke noch ganz normal.

Jungnau hat vor wenigen Tagen einen neuen Bürgermeister gewählt. Der erst 27jährige Josef Hotz wird mit Unterbrechungen später 36 Jahre das Amt inne haben. Es gibt kein Fernsehen, kein Internet, kein Handy. Nachrichten kommen aus der Zeitung, Ortsgeschehen erfährt man in den Wirtschaften oder in den Dorfläden. Im Haushalt wird vieles mit der Hand gemacht, obwohl Jungnau seit kurzem über die OWB mit Wechselstrom versorgt ist. Die meiste Arbeit gibt es draußen, im Stall und auf dem Feld.

Und genau an diesem 28. Dezember 1925, in diese Welt voller Entbehrungen, Mühen, Hoffnungen und ganz anderer Selbstverständlichkeiten als heute, wird jemand geboren, dem zu Ehren wir heute einen Baum pflanzen wollen. Jemand, der als Kind familiäre, persönliche Schicksale erlebte und der als Jugendlicher in den Zweiten Weltkrieg hineingezogen wurde. Er hat Diktatur und Propaganda, den Zusammenbruch 1945, die Mühen des Wiederaufbaus, das Wirtschaftswunder, die Mondlandung, die Wiedervereinigung, Computer, Internet und Smartphones miterlebt.

Wenn wir sagen: ‚100 Jahre‘, dann meinen wir nicht nur eine Zahl. Wir meinen ein ganzes Jahrhundert voller Wandel – und ein Leben, das all das ausgehalten, mitgestaltet und mitgetragen hat.“

Am 28. Dezember 1925 wurde Karl Gröner geboren – als viertes von acht Kindern der Eheleute Agnes (geb. Flad, aufgewachsen auf dem Rauschberg) und Fridolin Gröner. Eine große Familie, zuerst vier Buben, dann vier Mädchen – und mittendrin Karl, der schon früh lernen musste, dass das Leben nicht nur Sonnenseiten bereithält.

1932 brannte das Elternhaus nieder. Doch die Familie packte an, baute wieder auf und konnte 1934 in ihr neues Zuhause einziehen. Kaum zwei Jahre später traf sie der nächste Schicksalsschlag: Vater Fridolin verunglückte tödlich. Mutter Agnes stand nun mit acht Kindern allein da – das jüngste gerade vier Jahre alt. Eine Frau von beeindruckender Stärke, die ihren Kindern sicherlich Mut und Zusammenhalt mitgab.

Dann kam der Krieg. Alle vier Söhne mussten einrücken – und alle vier kamen glücklicherweise wieder heim. Karl wurde 1943 mit 18 Jahren eingezogen, kam nach Russland, wurde verwundet und lag im Lazarett. Nach Kriegsende verbrachte er zwei Jahre in französischer Gefangenschaft. Erfahrungen, die einen Menschen prägen – und vielleicht auch erklären, warum Karl bis heute so viel Gelassenheit und Dankbarkeit ausstrahlt.

Nach seiner Rückkehr erlernte er den Beruf des Land- und Forstwirts und arbeitete bis zu seiner Rente beim Forstamt der Hofkammer Altshausen. Bis heute ist er stolz auf „seine Hofkammer“ – und freut sich jedes Jahr zu Weihnachten über die kleine Aufmerksamkeit, die ihn erreicht - unter anderem die Hofkammer-Zeitschrift

1961 heiratete Karl seine Rosa. Ein Jahr später, am 3. Februar 1962, kamen die Zwillingstöchter Angelika und Doris zur Welt. Später folgten die Enkel Sabrina und Stefan, auf die er ebenso stolz ist.

Karl war ein Mann der Gemeinschaft: im Männergesangverein, im Musikverein – und vor allem im Bienenverein, in dem er seit unglaublichen 74 Jahren Mitglied ist. Die Bienen waren nicht nur sein Hobby, sondern seine Leidenschaft. Zeitweise betreute er bis zu 30 Völker. Wer ihn kannte, wusste: Wenn der Traktor täglich am Haus vorbeiknatterte und am Ende des Anstiegs in den höheren Gang schaltete, dann war Karl wieder auf dem Weg zu seinen Bienen. Bis ins hohe Alter von 97 Jahren fuhr er noch selbst – und das Aufhören fiel ihm schwer.

Wie sehr ihm seine Bienen am Herzen liegen, zeigte sich auch bei der Frage nach dem Baum zu seinem 100. Geburtstag. Ein Obstbaum? Nein, das wollte er nicht. „Die Früchte verfaulen doch bloß, die schätzt heut keiner mehr“, sagte er – ein Satz, der aus dem Mund eines Mannes kommt, der echten Hunger erlebt hat. Eine Linde sollte es sein. „Die freut wenigstens meine Bienen.“ Ein Wunsch, der viel über ihn erzählt.

Seine Lebensphilosophie ist einfach und tief zugleich: „Positiv denken, Freude am Leben haben und vor allem zufrieden sein.“ Und mit einem verschmitzten Lächeln fügte er gegenüber einem Freud hinzu: „Kalle, wenn i da Honderter pack, dann mach i da 105er au no voll.“

Zu seiner „gesunden Ernährung“ mit viel Honig gehören sein morgendliches Porridge, seine heißgeliebte Marmelade – die er löffelweise genießen kann – und ab und zu ein Bier oder ein Glas Rotwein.

Nichts bringt ihn so schnell aus der Ruhe.

Walkman, Handy, moderne Zeiten? Karl kommentiert das mit stoischer Weisheit: „So isch halt dia Zeit.“

Seine Freunde schätzen ihn als gesellig, humorvoll und immer interessiert am Dorfleben. Er genießt die Veranstaltungen der Vereine und besonders die kirchlichen Feiertage – allen voran das Annafest.

Karl lebt heute mit seiner Tochter Angelika bescheiden in seinem Haus in der Sigmaringerstraße und freut sich auf Besuche seiner Verwandten oder auch seiner Freunde.

Bürgermeister Dr. Marcus Ehm und Ortsvorsteher Anton Fetscher überreichten die offizielle Glückwünsche. Der Männergesangvereine bereicherte mit einem Liedvortrag und die Linde wurde fachgerecht unter dem strengen Auge des Jubilars von Freunden und Verwandten gepflanzt